Die Fujifilm X-T2: Erste Eindrücke (Teil 3)

So, seit einigen Wochen ist die Fujifilm X-T2 nun bei mir eingezogen. Brachte sie anfangs nur das 35mm 2.0 mit, so sind im Rahmen des geregelten Familiennachzugs inzwischen eine zweite X-T2, ein 16mm 1.4 und ein 56 1.2 sowie zwei Batteriegriffe eingezogen. Vorhanden war ja schon die kleine X100T mit ihrer festen 23mm 2.0. Gefühlt ist mein Equipment damit eigentlich vollständig, was per se schon einmal eine Sensation ist, war ich doch jahrelang auf dem Trip: “Haben ist besser als brauchen”. Natürlich läßt sich das alles noch beliebig ergänzen. Ein 10-24mm für “untenrum”, ein 16-55mm für “immerdrauf” und ein 40-150mm am “langen Ende” würde ich sicher auch nutzen, wenn ich sie hätte, aber wirklich brauchen?

Ich möchte Euch hier wild durcheinander meine ersten Eindrücke schildern, so wie sie mir aufgefallen sind. Völlig subjektiv, nicht nur auf die reine Kamera bezogen, sondern insgesamt einfach bezogen auf das Fuji-System und mein Handling damit. Dies sind zum Teil Kleinigkeiten, aber die machen das Handling im Alltag ja meist aus. Eines vorweg: ich liebe diese Kamera, was ich ja schon einmal ausführlich thematisiert habe. Aber alles mit Charakter (und die Fujis haben Charakter!) hat auch so seine Ecken und Kanten. Nichts wirklich Schlimmes, aber Dinge, die man nicht verschweigen sollte. Und da ich mich in meinem ersten Post zum Umstieg von Canon zu Fuji ja öffentlich der Wahrheit verpflichtet habe, möchte ich dem nun auch wirklich folgen.

Also legen wir los:

  • Man braucht -zumindest als Hochzeitsfotograf- den Batteriegriff zur X-T2. Die Akku-Laufzeit der Spiegellosen ist nach wie vor eine Schwäche, weil halt Sucher und Display Strom ziehen. Zwar ist die Fuji fix startklar, wenn man sie zwischendurch immer ausschaltet. Dennoch möchte man nicht mit nur einem Akku unterwegs sein.
  • Der Batteriegriff ist hingegen wirklich mal eine Sensation. Ich habe mich bei Canon immer aufgeregt, dass ein simples Stück Metall mit Plastik auf dem technischen Niveau einer Taschenlampe (ok, einer komfortablen Taschenlampe) zumindest für die 5D Mark III über 3oo,- € gekostet hat. Der Griff für die X-T2 ist ab 270,- zu bekommen, bietet aber deutlich mehr als die anderen Griffe. Er verdoppelt nicht die Kapazität, sondern verdreifacht sie, weil zwei zusätzliche Akkus und der in der Kamera parallel betrieben werden. Das ist mal clever. Darüberhinaus kann er abgenommen werden, ohne, dass die Kamera dann “offen” wäre oder größere Umbaumaßnahmen am Batteriefachdeckel notwendig würden. Lediglich eine Gummiabdeckung wird wieder an die Kamerakontakte geclippt, fertig. Diese wird bei Benutzung des Griffes in diesem untergebracht. Dass der Griff die Performance der Kamera erhöt (Serienbild-Geschwindigkeit, Refresh-Rate des EVF) ist nice-to-have, wäre für mich jetzt aber kein Kaufgrund gewesen. Was ich aber wirklich großartig finde: Der Griff ist ein Doppelladegerät, das Netztweil wird mitgliefert. Ich kann also den Griff direkt mit Strom versorgen, beide Akkus laden, dabei kann der Griff an der Kamera sein oder separat. Auf einer Hochzeit könnte ich also notfalls ohne Griff fotografieren, während der irgendwo lädt. Die haptische Qualität ist super, der Griff macht die Kamera natürlich schwerer, aber eben auch besser nutzbar. Hier hat Fuji gute Arbeit geleistet.
  • Das Rad für die Belichtungskorrektur ist für meinen Geschmack etwas fest und steht nicht über. Damit ist es nur mit zwei Fingern gut zu verstellen. Das schützt vor unbeabsichtigtem Verstellen, macht es aber manchmal etwas mühsam, eine Korrektur vorzunehmen, ohne die Kamera vom Auge zu nehmen. Großes Aber: Es gibt die Einstellung C an diesem Rad, die die Belcihtungskorrektur auf das vordere Rändelrad am Body verlegt. Dieses Rad kurz drücken (ja, das geht), im Sucher erscheint ein kleines Sysmbol und ab sofort kann nun an diesem Rad die Belichtung korrigiert werden. Und zwar ganz leichtgängig, in 5 statt 3 Stufen und jederzeit durch erneutes Drücken des Rades “verriegelbar”. Super!
  • Die “Belichtungswaage” im Sucher ist bei der X-T2 nicht unten im Sucher, sondern links an der Seite und auch sehr klein. (Übrigens auch im Hochformat!) Ich finde das sehr konsequent, denn diese Kamera will nach Augenmaß und visuellem Eindruck eingestellt werden und nicht nach irgendeiner Anzeige. Von mir aus hätte man die Anzeige weglassen könne, ich ignoriere sie, denn ich sehe im Sucher sehr gut, wie hell oder dunkel mein Bild ist. Dies ist ein Punkt, an dem die Fuji meine Fotografie verändert.
  • Im Querformat passiert es mir manchmal, dass ich mit der rechten Seite des Handballens den Auslöser am Batteriegriff erwische und halb drücke. Dann ist der Joystick für den Autofokus blockiert, weil die Kamera ja gerade “scharfstellt”. Habe ich auch erst nach einigem Kopfkratzen erkannt. Man kann den Griff aber verriegeln.
  • Die beiden Versteller für Belichtungsmethode und Serienbild sind in meinen Augen schwergängig und fummelig. Schlechte Kombination für Fingernägel. Gut, dass ich zu 98% auf Einzelbild fotografiere und die Meßmethode mir völlig wurscht ist, da ich mit den Fujis fast immer manuell fotografiere.
  • Das Verstellrad für die Dioptrien-Korrektur hat keine Mittenmarkierung und verstellt sich auch gerne mal ein wenig. Man muss dann entweder visuell im Sucher oder durch “erklicken” der Mittelstellung die Ursprungseinstellung wiederherstellen.
  • Der Augensensor reagiert für meinen Geschmack zu sensibel auf Annäherung an den Sucher. Bereits eine leichte Annäherung schaltet das Display ab. Blöd bei Aufnahmen über den Screen, wenn man die Kamera vor dem Bauch hat oder beim Betrachten von Bildern, wenn man auf dem Screen etwas zeigt und das Bild verschwindet.
  • Vielleicht bin ich zu blöd, aber es gibt keine Möglichkeit, Einstellungssets als Ganzes zu speichern. An meiner Canon hatte ich drei Einstellungen C1-C3, auf denen ich ganze “Aufnahmesets” speichern konnt: Modus, Serienbildgeschwindigkeit, ISO, Autofokuseinstellung. Ich hatte z.B. ein Set “Kirche” und eines “Reportage” und konnte nach dem Verlassen der Kirche mit einem Dreh auf Reportage umstellen. Die Custom-Speicherplätze der Fuji speichern nur jpeg-Einstellungen, also Schärfe, Schatten, Lichter, Filmsimulationen etc. aber eben keine Aufnahme-Einstellungen der Kamera. Das ist ein echtes Manko und ehrlicherwiese mir auch unverständlich, dass eine Kamera, die für den professionellen Einsatz gedacht ist (und d.h. für mich nach wie vor RAW-Shooten), zwar 7 Speicherplätze hat, die aber nur die jpeg-Umwandlung beinflussen.
  • An alle Fuji-Firmware-Nerds: Bitte ermöglicht die Eingabe der Uhrzeit auch im 24h-Format. Nur am/pm ist echt ein Armutszeugnis. Und wenn Ihr gerade dabei seid: Copyright-Infos direkt in die Kamera einprogrammieren zu können, ist inzwischen auch state of the art. Thank’s for listening!
  • Das 35mm 2.0 ist ein Knaller. Schnell, klein und leicht wäre es mein Immerdrauf, auch wenn es an der Kamera fast etwas unterdimensioniert aussieht. Ich würde es jedem empfehlen, damit macht man nichts falsch. Ich habe es ergänzt um das 16mm 1.4, das ebenfalls sensationell ist. Es ist mein erstes echtes 24mm 1.4 (KB äquivalent) und ich liebe diese Möglichkeit aus Weitwinkel, Offenblende und Naheinstellgrenze. Ich glaube, diese Linse wird meine Bildsprache etwas verändern. Mein Standard bei Canon war das tolle Sigma 35mm 1.4 ART, das aber eben doch 11mm länger ist. Dass Fuji sich die rechteckige Retro-Sonnenblende mit fast 70,- € versilbern lässt, statt sie bei dieser Linse für fast 1000,-€ einfach anstelle des billigen Tulpen-Teils beizulegen, ist schade. Ich bin selbst gespannt auf den Einsatz dieser Linse bei Hochzeiten… Schließlich ist noch das 56 1.2 an Bord, das ich bisher zu wenig im Einsatz hatte, um darüber etwas Substanielles sagen zu können. Ich werde das nachliefern. Bis dahin habe ich es vielleicht auch raus, die Objektivrückdeckel mit einer Hand zu lösen, die sitzen sowas von stramm…

 

 

 

Das soll als “gesammelte” Eindrücke der ersten Wochen genügen. Ich glaube, diese kleinen Geschichten im alltäglichen Handling sind am Ende fast wichtiger, als irgendwelche Spezifikationen, denn sie sind es, die am Ende den Unterschied machen. Für mich ist keine der hier genannten Einschränkungen etwas, was die Leichtigkeit, die Bildqualität und die Bedienung der Fujifilm X-T2 grundsätzlich trübt oder einschränkt. Es sind Kleinigkeiten, Meckern auf hohem Niveau und zum Teil durch einen Workaround gut anders zu lösen.

Ich werde die Reihe über meinen Umstieg von Canon auf Fuji später abschließen mit einigen Posts zu Shootings, ersten Hochzeiten, Low-Light-Performance und Blitzeinsatz auf Hochzeiten, wenn ich dazu genug sinnvolle Erfahrungen gesammelt habe. Bis dahin bleibt mir gewogen und macht tolle Fotos. Egal mit welchem System.

Hier geht es zu Teil 1 und Teil 2 meiner kleinen Wechselgeschichte

Und der Teil mit den Überlegungen zur Hochzeitsfotografie ist nun auch fertig…

About the Author:
Hat Geschichte studiert und will mit Bildern Geschichten erzählen. Wenn er fotografiert ist er glücklich, wenn die Fotografierten glücklich sind, ist er erst recht glücklich. Autodidakt mit aktueller Tendenz zum Weniger ist Mehr.


1 Comments:

  1. Gregor Haase
    Februar 10, 2017

    Hallo Matthias,
    du sprichst bzw. schreibst mir aus der Seele.
    Ich bin selber von jeher CANON-User und kann mich mit der aktuellen Produktstrategie (Mark IV über 4k) nicht mehr wiederfinden. Das hattest du ja so schön ähnlich formuliert.
    Hatte letztes Jahr einen Fujifilm-Workshop mit Peter Hawk mitgemacht und war damals schon sehr vom Retro-Look, der einfachen Bedienung und als gewichtigsten Punkt der Leichtigkeit des Equipments begeistert.
    Leider konnte ich bisher den Schritt mich von CANON zu trennen noch nicht vollziehen – und da gebe ich dir Recht: Es ist schon so was wie eine langjährige Beziehung mit einer Frau zu beenden. Man hat sich immer wohl gefühlt, war vertraut und wusste über ihre Stärken und Schwächen Bescheid, konnte ihr blind vertrauen und so hatte man all die Jahre über das zu hohe Gewicht und den teuren Unterhalt hinweggesehen.
    Jetzt kommt hier eine neue und verdreht mir durch ihre schlanke Form, das geringe Gewicht und durch das einfache Handling den Kopf.

    Wenn nicht jetzt wann dann? Denn jetzt hätte ich eben noch Zeit die XT-2 auf Herz und Nieren zu prüfen, bevor die Hochzeitssaison im Mai beginnt.

    Aufgrund des Gewichts hat sich das 50 1.2 zu meinem Immerdrauf entwickelt, was es bei Fujifilm (35mm) nur mit 2.0 gibt, oder?
    Das ware jetzt meine Anschaffung die XT-2 mit dem 35ger um das neue System zu testen.
    Ähnlich wie bei dir habe ich jetzt ein Objektiv-Park für Canon, den ich mir so für Fuji nicht mehr anschaffen würde. Denke die Pendants zu dem 50ger und dem 70-200 sowie ein Weitwinkel würden vollkommen genügen.

    Mal sehn, wann ich die Eier in der Hose habe, diesen gewichtigen Schritt zu gehen.


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